Zusammen bringen es die drei ehemaligen Jungschützen des Vereins „Sichere Hand“ Moordorf e.V. auf ein Alter von 233 Jahren. Aber das hält Harm Janssen, Karl Dirks und Alfred Nesic nicht davon ab, sich regelmäßig auf dem Schießstand an der Ringstraße zum gemeinsamen Training zu treffen oder an Staffelwettkämpfen sowie anderen Meisterschaften teilzunehmen. Und das machen sie schon seit 64 Jahren. Jetzt wurden sie im Rahmen des Schützenfestes am 19. Juli 2025 mit der Sebastianus-Nadel des Deutschen Schützenbundes für mehr als 30jährige aktive Teilnahme am Schießsport ausgezeichnet.
Als 1953 der Schützenverein „Sichere Hand“ Moordorf gegründet wurde, waren dort nur erwachsene Schützen aktiv. Allerdings wurde auf Kreis- und Bezirksversammlungen immer wieder eindringlich dazu aufgerufen, sich um Nachwuchsschützen zu kümmern, um den Erhalt der Vereine zu festigen. Nachdem man sich in den ersten Jahren um den Aufbau des Vereins und eines Schießstandes gekümmert hatte, suchten die Moordorfer Schützen Anfang der 1960er Jahre junge Leute, die sich zu einer Jugendmannschaft zusammen schließen würden. Ein paar Kinder aus den Familien einiger Vereinsmitglieder waren am 11. August 1961 in den Schützenverein eingetreten: Karl Dirks, Harm Janssen, Martin Klüver, Alfred Nesic und Helmut Schoon. Also wurde Gerd Saathoff zum Jugendwart von „Sichere Hand“ gewählt und trainierte die 13- bis 15-jährigen mit Unterstützung von Franz Hartz. Zusammen bildeten sie die erste Jugendmannschaft von „Sichere Hand“ Moordorf.

Bereits im April 1962 starteten sie bei den Kreismeisterschaften und konnten mit dem Luftgewehr als Mannschaft in der Jugendklasse Kreismeister werden. Helmut Schoon wurde in der Einzelwertung sogar Kreismeister. Alfred Nesic erinnert sich schmunzelnd an die damalige Preisverleihung im Auricher Schützenhaus, als der Auricher Kaufmann Hippen-Wolters am Klavier ganz rührig das Lied „Sah ein Knab ein Röslein steh’n“ anstimmte.
Nach diesem erfolgreichen Einstand ging es für die fünf Moordorfer sogleich weiter mit den Wettkämpfen auf Bezirks- und Landesebene. Zum Luftgewehr kamen auch Wettkämpfe mit dem Kleinkaliber hinzu, die zumeist in Esens oder Wittmund ausgetragen wurden. In den nächsten Jahren waren sie auf Kreisebene kaum zu schlagen. Vor allem Helmut Schoon ließ als Einzelschütze seine Gegner oftmals hinter sich. Am Tag eines Wettkampfes waren die Jugendlichen einmal mit ihren Betreuern auf dem gleichzeitig stattfindenden Markt in Aurich unterwegs. An einer Schießbude zeigten sie ihr Können, nachdem man mit dem Beschicker erst einmal diskutieren musste, dass die Jungen auch tatsächlich alt genug für’s Schießen waren. Als Gewinn gab es für jeden einen Holzklumpen mit einer kleinen Glühbirne, erzählt Karl Dirks. „Als ich dran war, schaute der Beschicker zur Seite und bekam dadurch nicht mit, dass ich schon längst mit dem Schießen fertig war und wollte mir erst keinen Holzklumpen geben. Das konnten Gerd Saathoff und Franz Hartz dann zum Glück klären.“
Auch übertrug man den Jugendlichen Aufgaben im Verein. Sie saßen z.B. während des Schützenfestes im Kleinkaliberstand in der Deckung und mussten die Schüsse anzeigen. „Damals gab es ja keine Zuganlagen. Aber wir hattten ein Telefonkabel mit einem Feldtelefon“, erzählt Harm Janssen, „und so konnten man mit dem Schießstand kommunizieren.“ Alfred Nesic erklärt: „Wir saßen über den Kugelfängen und zogen die Scheiben nach oben, um den Schuss zu kontrollieren. Anschließend zeigten wir mit einer Holzkelle an, wohin der Schuss gegangen und auch, welche Ringzahl erreicht worden war. Einmal zog ich die Kelle nicht schnell genug wieder weg, da hatte mir glatt der nächste Schütze einen da drauf geschossen.“

Mit Tante Martha, der resoluten Wirtin des Vereinslokals an der Auricher Straße, war nicht immer gut Kirschen essen. „Aber wenn wir ihr vom Fischladen nebenan etwas Fisch mitbrachten, dann bekamen wir ein Freigetränk und sie hatte die beste Laune.“ lacht Harm Janssen.
Der Übergang von der Altersklasse der Jugendlichen zu den Erwachsenen war fließend. Schnell wurden die Jungschützen in die Staffelmannschaften der erwachsenen Schützen eingebunden und verstärkten diese. Ende der 1960er Jahre waren sie alle der Jugendaltersklasse entwachsen und fanden gemeinsam ihre Plätze in den zahlreichen Mannschaften des Schützenvereins, schossen sowohl mit dem Luftgewehr und dem Kleinkaliber als auch mit der Luftpistole. Es war eine schöne Zeit, da sind sich die Drei einig, in der man viel Spaß hatte und neben dem Schießsport auch das Gesellige nicht zu kurz kam. Harm Janssen erinnert sich, dass bei einem Wettkampf in Marx der Staffelleiter plötzlich das Schießen einstellen ließ und anordnete, dass die Schützen erst einmal ein Glas „Alter Schweden“ trinken sollten. Nach dem Wettkampf bekam jeder einen Pokal und der Letzte eine kleine Laterne als Schlusslicht, die beim nächsten Mal wieder mitgebracht werden musste. Bei einem anderen Mal hatten Alfred Nesic, Martin Klüver und Helmut Schoon in Ihlow beim Staffelschießen einen Pokal gewonnen und liefen dann den ganzen Weg zu Fuß nach Hause, quer durch die Meeden. „Da bekam dann der Begriff „Wanderpokal“ eine ganz neue Bedeutung“, lachen die Drei.
Auch außerhalb des Schießsports waren die Jungs miteinander unterwegs. „ Ostfrisia Moordorf spielte gegen Emden Fußball. Da waren wir mitgefahren. Das Fußballspiel war uns eigentlich egal, wir gingen in die Stadt und liefen über den Rathausplatz. Wir waren ja schon groß, waren 15 und durften auch schon rauchen. Meinten wir zumindest. Da sah uns ein Mann mit einem großen Hut, hielt auf Alfred zu, der einerseits der Älteste von uns allen war, aber eben auch der Kleinste, und rief laut „Und Du oll Schnöttlöpel rookst ook all?!“ und gab ihm eine schallenden Ohrfeige. Wir wussten gar nicht, wie uns geschah.“ lacht Karl Dirks.
Einige der ehemaligen Jungschützen wurden später selbst aktiv in der Vereinsarbeit. 1976 wurde Alfred Nesic Jugendsportleiter und betreute bis 1982 erfolgreich die Luftgewehr und Luftpistolen-Jungschützen. Er zog sich aus beruflichen Gründen für mehrere Jahre zurück. Als er 2011 für seine 50-jährige Mitgliedschaft im Verein geehrt wurde, konnten ihn seine Vereinskameraden wieder als aktiven Schützen zurückgewinnen. Seitdem schießt er in der Moordorfer Mannschaft mit dem Luftgewehr und für das Emder Schützencorps mit dem Kleinkaliber. Ein besonderes Erlebnis für ihn war die Teilnahme an den Deutschen Meisterschaften der Kleinkaliberschützen im Jahr 2022. Im gleichen Jahr stand er dem Verein als Schützenkönig vor, als seinen Adjutanten erwählte er Karl Dirks.
Karl Dirks wurde 1979 Stellvertretender Jugendsportleiter und übernahm dann 1982 den Posten als Jugendsportleiter bis 1997. In dieser Zeit stieg die Zahl der Jungschützen des Schützenvereins enorm an. Karl wurde von vielen Helfern unterstützt und konnte schließlich auf eine erfolgreiche Arbeit zurückblicken. Von 2006 bis 2021 war er Stellvertretender Vorsitzender des Vereins, der von seinem älteren Bruder Gerhard mit gegründet worden war. Auch Karl schoss neben seinen ehrenamtlichen Tätigkeiten im Verein immer in einer der vielen Mannschaften. Während der Generalversammlung 2024 wurde er zum Ehrenmitglied des Schützenvereins ernannt.

Harm Janssen konnte aufgrund seiner Arbeit kein Amt annehmen, aber packte stets mit an, wenn es im und am Schützenhaus etwas zu arbeiten gab. Ob beim Neubau des Schießstandes 1974 oder des Schützenhauses 2008, Harm war grundsätzlich mit dabei und arbeitete in fast jeder freien Minute. Als Betreuer begleitete er die Jugendschützen, als seine Kinder im Schützenverein mit dem Schießen begannen. Heute ist der Allrounder für die Wartung der Zapfanlage im Schützenhaus zuständig, pflegt die Außenanlagen und sorgt u.a. beim Schlachtfest für leckeres Sniertje-Essen und selbstgemachte Mettwürste. Auch er ist aus den Mannschaften des Schützenvereins nicht wegzudenken. Wie die anderen auch, nimmt er regelmäßig und erfolgreich an den Kreis- und Bezirksmeisterschaften teil.
Helmut Schoon verstarb leider sehr früh und hinterließ eine Lücke in seiner Mannschaft. Martin Klüver war noch lange für die Moordorfer Schützen erfolgreich, trat jedoch später aus dem Verein aus.
Inzwischen sind die drei noch verbliebenen Jungschützen in der Altersklasse der Senioren V (ab 76 Jahren) angekommen und dürfen beim Schießen das Gewehr nicht nur auf eine Querstange auflegen, sondern auch beim Schießen sitzen. Aber auch nach 64 Jahren ist für die Drei immer noch kein Ende in Sicht. Im Herbst beginnen die nächsten Staffelwettkämpfe, an denen sie voraussichtlich alle teilnehmen werden.
Diese Treue veranlasste den Schützenverein nun, ihre drei langjährigsten Mitglieder mit der Sebastianus-Nadel auszuzeichnen. In der Laudatio heißt es, dass die Drei durch ihre Treue zum Verein und Schießsport dazu beitragen, dass dieser weiterbesteht. Sowohl in guten als auch in schlechten Zeiten. Auch profitieren die jüngeren Generationen von ihrer langjährigen Erfahrung. Gerade in der heutigen Zeit, in der viele Vereine Zukunftsängste haben, sei dies von unschätzbarem Wert, so der Verein.